5 Gründe warum Lärm in Schulen kein Luxusproblem ist

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Sprache ist unabdinglich für die Wissensvermittlung. Eine gute Akustik in Klassenräumen ist daher keine Option, sondern eine Notwendigkeit für den Lernfortschritt und Chancengleichheit.

In Deutschland gibt es zwar einige Empfehlungen zur Akustik in Schulen. Wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen zeigen jedoch, dass die derzeitigen Regelungen nicht ausreichen:

1. Entwicklung und Sprachverständnis von Kindern 

Kinder entwickeln bis weit ins Jugendalter hinein ihre Sprachfähigkeiten. Bei erwachsenen Personen mit normalem Hörvermögen ist Sprache hören und interpretieren sehr stark automatisiert, sodass es uns in unserer Muttersprache wenig Mühe bereitet, Sprache auch in schwierigen Hörsituationen zu verstehen. Das Wortverständnis von Kindern wird jedoch stark von den akustischen Gegebenheiten beeinflusst. Je jünger ein Kind desto stärker hängen seine Lernmöglichkeiten von einer guten Akustik ohne störende Hintergrundgeräusche ab.

2. Fremdsprache versus Muttersprache 

Bei Erwachsenen ändert sich das Sprachverstehen bei Lärm schlagartig, sobald eine Fremdsprache gesprochen wird. Das liegt daran, dass wir in der Muttersprache durch lebenslanges Training eine sehr effektive Struktur haben, die elementaren Sprachlaute (genannt Phoneme), aus der sich Sprachen zusammensetzen, auch unter Lärm zu erkennen und einzuordnen. Eine später erlernte Fremdsprache ist viel weniger robust gegenüber Störgeräuschen.

3. Akustik für Inklusion 

Verschiedene Gruppen von Schüler*innen haben pädagogischen Förderbedarf. Zumindest die Förderschwerpunkte Lernen, emotionale und soziale Entwicklung, Sprache sowie Hören profitieren von niedrigeren Hintergrundgeräuschen und kürzeren Nachhallzeiten in Schulräumen. Die empfohlenen SNR-Werte von 15 dB bis 35 dB kommen in realen Klassenräumen mit Schülern ohne sprachverstärkende elektroakustische Hilfsmittel jedoch praktisch nicht vor. Dazu kommt: In Regelklassen werden mehr als doppelt so viele Schüler:innen unterrichtet als an Förderschulen. Inklusion in Regelklassen erfordert daher noch besser akustisch ausgestattete Klassenräume, um höhere Hintergrundgeräusche durch mehr Schüler pro Klasse und größere Distanzen zum Lehrer wenigstens teilweise zu kompensieren.

4. Erholung in Aufenthaltsbereichen

Weitläufige Treppenhäuser, Aulen, Cafeterien und Sporthallen tragen zur entspannten Atmosphäre bei – aber nur, wenn die Akustik adäquat ausgelegt wurde. In vielen Erschließungsflächen herrschen dagegen lange Nachhallzeiten, was dazu führt, dass sich hohe Schallpegel aufbauen und bei einer Vielzahl von Gesprächen und Aktivitäten von wartenden Schüler*innen ihre Aktivität als Lärm empfunden wird.  

5. Lärmbelastung in Sporthallen 

Sportlehrer*innen und die teilnehmenden Schüler:innen sind einer besonders hohen Lärmbelastung ausgesetzt. Viele der bestehenden Sporthallen sind akustisch unzureichend ausgestattet. Gerade im Sportbereich ist es extrem wichtig, die größtmögliche Schallabsorption im Raum zu erreichen. Dabei helfen etwa Absorber an Decken und Prallwänden aber auch planerische Überlegungen. Insbesondere sollte eine Mehrfachreflektion von Lärm, beispielsweise an großen, gegenüberliegenden Glasflächen, vermieden werden.

Fazit: Eine passende und nutzungsgerechte akustische Qualität von Schulgebäuden hat einen maßgeblichen Einfluss auf Lehrqualität und Lernbereitschaft, auf Leistungsfähigkeit und Motivation, auf Gesundheit und Wohlbefinden, auf Sicherheits- und Schutzempfinden. Betroffen sind Schülerinnen und Schüler ebenso wie das Lehrpersonal. Nachrüsten lohnt sich!

Dieser Beitrag basiert auf der Publikation von Alexander Dickschen, Dr. Moritz Späh, Fünf Punkte, warum Lärm in Schulen kein Luxusproblem ist.


Akustik und Sprachverständlichkeit

  • Gerade in Klassenräumen kann eine unzureichend geregelte Raumakustik das reibungslose und stressfreie Unterrichten und Lernen stark behindern.
  • Oft liegt das Problem auch mit an der Raum-Ausgestaltung und kleine Verbesserungen sind unmittelbar möglich.
  • Die Bewertung der Raumakustik unterscheidet zwischen verschiedenen Unterrichtsformen und Personengruppen mit einem unterschiedlich großen Bedürfnis nach sehr guter Sprachverständlichkeit.
  • Der höchste Anspruch gilt für Grundschule, Inklusion, Fremdsprachen und Fachtexte. Er sollte aber auch darüber hinaus möglichst erfüllt werden.

Messen

Wichtige Messgrößen für die Sprachverständlichkeit sind der Stör-Schalldruckpegel, der Sprachstör-Pegelabstand und die mittlere Nachhallzeit im Raum.

Verbessern

Kleiner Hebel, große Wirkung: Akustische Verbesserungen sind relativ kostengünstig möglich und senken den Stresspegel enorm.

Erhalten

Langfristig helfen zum Beispiel nachgerüstete Akustikdecken und durchdachte Sanierungs- und Neubauprojekte, die das Thema Inklusion von Beginn an einbeziehen.

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